Grazer WissenschafterInnen entdecken Anti-Aging-Wirkstoff
Die Suche nach dem Rezept für die ewige Jugend beschäftigt die Wissenschaft bereits seit vielen hundert Jahren. ExpertInnen der Med Uni Graz tragen zu dieser Suche nun einen entscheidenden Schritt bei, indem sie eine zellverjüngende Substanz identifiziert haben, die den Alterungsprozess umkehrt und durch die Entfernung eines bestimmten Zelltyps einen verjüngenden Effekt besitzt. Was im Mausmodell bereits Erfolg gezeigt hat könnte nun auch beim Menschen als Anti-Aging-Wirkstoff Verwendung finden bzw. als Therapeutikum zur Behandlung von Schäden durch Chemotherapien eingesetzt werden.
Seneszente Zellen: Beschädigte Zellen lassen uns altern
Das Streben nach ewiger Jugend begleitet uns in den Medien und sozialen Netzwerken auf Schritt und Tritt. Ist es hier meist nur das jugendliche Aussehen, das als besonders erstrebenswert gilt, so beschäftigt sich die Wissenschaft hauptsächlich mit dem Alterungsprozess des gesamten Körpers, wobei ein jugendliches Äußeres nur einen Teil der Forschung betrifft. In Kooperation mit dem Erasmus Medical Center Rotterdam, Niederlande, ist es WissenschafterInnen der Medizinischen Universität Graz nun gelungen, eine Substanz zu entwickeln, welche im Mausmodell bereits eine stark verjüngende Wirkung zeigt.
Der biologische Alterungsprozess wird maßgeblich durch seneszente Zellen beeinflusst. Das sind jene Zellen, welche sich nach einer bestimmten Zahl von Zellteilungen nicht mehr teilen bzw. wachsen und durch die irreparable Beschädigung des genetischen Materials entstehen. Täglich ist jede einzelne Zelle einige tausend Mal mit schädlichen Umwelteinflüssen konfrontiert die Schädigungen verursachen, welche durch spezielle Reparatur-Enzyme beseitigt werden. Wird das genetische Material irreparabel beschädigt geht die Zelle in den programmierten Zelltod über. Dieser Prozess kann jedoch fehllaufen und es entwickeln sich seneszente Zellen. Diese Zellen erfüllen ihre Aufgaben nicht mehr bzw. arbeiten in einer Art „Sparmodus“. Vor allem während der Krebsbehandlung mit Chemotherapie treten seneszente Zellen vermehrt auf. Die aktuelle wissenschaftliche Meinung geht davon aus, dass diese Art der Zellen zum biologischen Altern beitragen, da sich die Funktionsweise von Muskeln und Organen durch die Anreicherung von seneszenten Zellen verschlechtert. Darüber hinaus können alternde Zellen eine dauerentzündliche Reaktion in ihrer unmittelbaren Umgebung hervorrufen, was zu einer Verschlechterung der Funktion von Geweben und Organen führt.
FOXO4-DRI: Ein Protein als Jungbrunnen
Die ForscherInnen aus Graz und Rotterdam stellten nun fest, dass alternde Zellen die Phase des programmierten Zelltodes zwar begonnen haben, diese biochemische Reaktion jedoch im laufenden Prozess blockiert wurde, wodurch sich seneszente Zellen entwickeln konnten. In der Entfernung dieser Zellen sehen die WissenschafterInnen den Schlüssel zu einer Verjüngung des Organismus und publizierten jüngst in der Zeitschrift „Cell“ einen großen Forschungserfolg. „Gemeinsam mit unseren KollegInnen aus Rotterdam ist es erstmals gelungen eine Substanz zu identifizieren, die eine messbare verjüngende Wirkung hat, indem sie seneszente Zellen entfernt“, berichtet Assoz.-Prof. PD Mag. Dr. Tobias Madl, Institut für Molekularbiologie und Biochemie, Med Uni Graz. Der entdeckte Wirkstoff „FOXO4-DRI“ ist im Labormodell auch in der Lage Schäden zu reparieren, die im Laufe einer Chemotherapie entstanden sind.
Im Mausmodell konnten die WissenschafterInnen über den Untersuchungszeitraum von 30 Tagen viele positive Veränderungen beobachten: So verbesserten sich nicht nur die Nierenfunktion und eine Reihe biochemischer Prozesse, auch der Bewegungsdrang stieg merklich an und der Allgemeinzustand verbesserte sich deutlich. „Viele biochemische Prozesse der älteren Mäuse glichen jenen von jungen Mäusen, auch das Fell wurde deutlich dichter und glänzender“, fasst Tobias Madl zusammen.
Zwei Proteine – FOXO4 und p53 – bilden den Schlüssel zur wissenschaftlichen Entdeckung. Die beiden Proteine sind im Zellkern an der beschädigten DNA aneinander gebunden. „Dies führt dazu, dass die Zelle in einen seneszenten Zustanden versetzt wird“, erklärt Tobias Madl. Wird das Protein p53 jedoch aus dieser Interaktion mit FOXO4 freigesetzt, kann der programmierte Zelltod eingeleitet werden. Die WissenschafterInnen entwickelten erfolgreich ein Molekül, das aus einem kleinen Teil von FOXO4 besteht. Das blockiert die Bindung zwischen p53 und FOXO4, so dass p53 freigesetzt wird und die seneszente Zelle somit entfernt wird. „Dieser FOXO4-p53-Komplex liegt soweit unsere Untersuchungen ergeben haben nur in Zellen mit einer signifikanten DNA-Schädigung vor“, beschreibt Tobias Madl. Somit greift die entwickelte Substanz FOXO4-DRI nicht in den Zyklus funktionierender Zellen ein.
Die Anwendung von FOXO4-DRI als Anti-Aging-Wirkstoff beim Menschen bzw. als Therapie zur Behandlungen von Schäden durch eine Chemotherpaie ist nun Gegenstand weiterer Untersuchungen.
Weitere Informationen:
Assoz.-Prof. PD Mag. Dr. Tobias Madl
Medizinische Universität Graz
Institut für Molekularbiologie und Biochemie
Tel.: +43 316 380 4185
tobias.madl(at)medunigraz.at